Hejoe Schenkelberg: Poet der Klänge

Hejoe Schenkelberg ist ein Suchender. Er selbst sagt: „Ein Findender“.

21. Januar 2022

Lesezeit: 3 Minute(n)

Poet der Klänge

Ideenreiche Arrangements

1 Coverfoto am See

Foto: Nina Trogus-Liegmann

Hejoe Schenkelberg ist ein Suchender. Er selbst sagt: „Ein Findender“. Er vereint Widersprüche in sich. In jedem Fall befindet sich der Mann auf einer langen Reise. Und da ist sein Alter ego immer mit dabei: Das weiße Polverini-Akkordeon. Jetzt legt der Musiker aus Aachen sein viertes Album vor. Sein persönlichstes, wie er sagt. „Poet der Klänge“ ist passend, denn es vereint 13 meditative Stücke. Sie könnten in der unendlichen finnischen Winternacht entstanden sein, draußen in der unberührten Natur zwischen Ostsee-Fjord und Blockhütte – da ist irgendwas zwischen Fernweh und trauriger Unverzagtheit. Tatsächlich komponiert Schenkelberg in seiner Aachener Stadtwohnung. Wie gesagt: Er vereint Widersprüche. Da scheint der französische Valse hindurch und der argentinische Tango. Hejoe Schenkelberg ist ein Sammler, kein Jäger. Er hat in seinem Lebensrucksack so einiges verstaut. Da ist manches dabei, das man nur in der Musik versöhnen kann.

https://www.hejoe-schenkelberg.de/alben

Er war als Rockkeyboarder auf Tour, lebte in der Provence – und ist in Paris dem Akkordeon verfallen. Vorbilder? Er nennt Lydie Auvray, und meint damit die Tradition des französisch klingenden Akkordeons und zugleich den Ausbruch aus den gängigen Volksmusikgenres. Dazu darf er sich selbst auch zählen, zur Szene der Weltmusik mit all ihren Elementen. Im Mittelpunkt der Stücke steht immer das Polverini als Hauptklangquelle, oft flankiert von flächigen Keyboardklängen. Der Musiker lässt sich inspirieren durch Natur und Kultur. Eine seiner Kompositionen entstand gar in einer stundenlangen Session mit einem Webstuhl. Dabei bildet das Klacken und Schleifen des Webschlittens einen natürlichen Dreivierteltakt. Die Herausforderung: Je größer der Webstoff wird, desto kleiner wird die Strecke des Schlittens. Das Tempo erhöht sich.

 

Schenkelbergs eigentliches Element ist die Bühne. Er tritt oft vors Publikum in Deutschlands Westen, begleitet andere Künstler(innen) und steuert musikalischen Hintergrund für Theater und Tanz bei. Er bringt außerdem Musiker zusammen, organisiert Soirees, die Lokalmatadoren an einem Mikrofon vereinen. Er ist eine verlässliche Größe im kleinkulturellen Leben Aachens. Da kam bisher die Studioproduktion oftmals zu kurz. Als 2020 plötzlich alle Engagements pandemisch ausfielen, begab er sich in Klausur. Das Resultat ist ein hörenswertes Stück Musik zum Klangschwelgen, weit weg von Humptata. Allein die Setliste lässt die weltumspannende Assoziationskette erahnen. Da ist vom Ruf der Eule die Rede, von Klassik, von Primavera dopo, un Tango Vals, Greetings from Lousiana, den Tundra-Weiten und Hey Good bye. Mehr auf einer Einspielung geht nicht.

 

„Das Akkordeon ist zu meiner Stimme geworden, es ist ein Teil von mir“, sagt Schenkelberg. Und doch mutet er seinem Instrument einiges zu. Auf dem USB-Stick zur CD sind zusätzlich Video-Clips enthalten. Einer zeigt, wie der Künstler auf einem Akkordeon spielend in einen See hinein und mit ihm unter geht. Der Film wurde vor zehn Jahren gedreht. „Eine verrückte Idee“ seiner damaligen Freundin. Wer das Akkordeon mag, sieht’s mit Erschauern, denn das Bad ließ das Instrument nicht unbeschadet. Es war allerdings eine alte, ausrangierte Quetsch. Die Szene bleibt trotzdem ein Beleg dafür, dass Schenkelberg Grenzen austestet.

 

Auf dem CD-Cover zeigt er sich komplett in Weiß, wie sein Akkordeon. Auch seine französisch anmutende Schirmmütze ist hell. Von diesem Modell hat er etliche. Wozu die Kappe? „Ich hatte hier in Aachen ein bis zwei Doppelgänger, da wollte ich mich identifizierbar machen“, erklärt Schenkelberg. Der studierte Architekt hat vor 17 Jahren den Sprung zum Profimusiker gewagt und es nicht bereut. Das Akkordeonspiel brachte er sich selbst bei – und entwickelte seitdem seinen ganz eigenen Stil.

Fotos: Daniele Gabriel, Nina Trogus-Liegmann

 

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