23. Internationales Festival „Bajan und Bajanisten“ in Moskau

Bajan und Akkordeon: Klassik und Moderne

12. Januar 2023

Lesezeit: 3 Minute(n)

Unter Patronanz des russischen Kulturministeriums, der russischen Gnesin-Musikakademie sowie des Friedrich Lips-Fonds fand in der Zeit vom 14.-18. Dezember 2022 bereits zum 34. Mal das traditionelle Internationale Festival „Bajan und Bajanisten“ im Konzertsaal der russischen Gnesin-Musikakademie in Moskau statt. Stets wurde ein breites musikalisches Spektrum geboten: von Klassik bis Jazz, von Popularmusik bis zur Avantgarde.

Traditionellerweise ist ein Konzert des Festivals den Bajanisten bestimmter Regionen Russlands gewidmet. Dieses Mal gestalteten mit Alexander Kapitan und Stanislaw Gerasimow Künstler aus Fernost (Konservatorium Wladiwostok) das Eröffnungskonzert. Zusammen mit dem Staatlich-Akademisch Russischen Volksensemble „Russland“ unter seinem künstlerischen Leiter Dmitry Dmitrienko brachten sie Werke von Richard Galliano (Opal Concerto, Petite French Suite: Prelude, Serenade, Clown, Interlude, Waltz) zur Aufführung. Im Rahmen eines Autorenkonzerts wurde der Domrist „Volkskünstler Russlands“ Alexander Tsygankow geehrt. Olzhas Nurlanow, Gewinner der Coupe Modiale 2021 in München, spielte zum Gedenken an den Bajanisten Juri Vostrjelov die Weltpremiere der „Sibirischen Ballade“ (Bearbeitung von J. Schischkin and M. Chernow). Danach gab Tsygankow selbst zusammen mit den DomristInnen Vladislav Afanasiev und Anastasia Zalharova sowie den Bajanisten Olzhas Nurlanow, Rafael Sapukow und Mikhail Chernow Kostproben seines Könnens und begeisterte damit sein Publikum.

Das zweite Konzert des Festivals stand unter dem Motto „Bajan und Akkordeon: Klassik und Moderne“. Maria Vlasova, Dozentin an der Russischen Gnesin Musikakademie in Moskau, und Alexander Selivanow, Dekan der Fakultät für Volksinstrumente ebendort, zeigten zusammen mit dem Kammerorchester „Russische Camerata“ (Dirigent: Andrey Kruzhkov) sowie dem Volksinstrumente-Orchester „Volksmusik“ aus Lugansk (Dirigentin: Irina Solotarjowa) die enorme Vielfalt der Literatur des einstigen Volksinstruments. Vlasova startete ihr Programm mit Michael Bronners „Die Seele möchte ein Star sein.“ (Fünf Gedichte von F. Tyutchev für Akkordeon solo – Wolken schmelzen am Himmel – Wie leise weht es über das Tal – Die Seele möchte ein Star sein – Sehen Sie, wie der Hain grün wird – Träume), danach folgten K. Bodrows „Humoreske“ für Akkordeon und Streicher, A. Nekrasows „Burleske“ für Akkordeon, Streicher und Schlagzeug sowie E. Podgaits‘ Konzert „Kirjavalahti“ für Akkordeon, Streicher und Schlagzeug. Zusammen mit den DomristInnen Marina Reshetova und Margarita Khomich sowie den BajanistInnen Artem Reshetov, Alesya Miroshnichenko, Nikita Krasnoshchekov, Vladislav Savosyuk und Kristina Isayeva brillierte Selivanow mit Werken von M. Glinka, V. Maljarow, A. Tsygankow, V. Vlasov, V. Gorodowskaja, V. Gridin, S. Konjajew, G.Schenderjow und A. Timoschenko.

Besonderer Dank gebührt Kirill Rusinow, Gewinner der Coupe Mondiale in Shenzhen 2019, der sich kurzfristig bereit erklärte, für Vladimir Stupnikow einzuspringen. Bereits in jungen Jahren zeigte der Künstler in seinem Programm mit Werken von J.S. Bach, I. Strawinsky, E. Grieg, F. Schubert/F. Liszt, G. Schenderjow/ A. Joyce sowie W. Tschernikow erstaunliche Meisterschaft und Reife in Technik und Interpretation. Alexander Sirotkin und Andrej Bityutskikh, bekannt als „SIB-DUO“, demonstrierten mit Werken von P.I. Tschaikowski, A. Borodin, A. Ljadow, S. Prokofjew, S. Rachmaninow, D. Schostakowitsch und A. Bysow das hohe Niveau der russischen Bajankunst.

Zu Beginn des vierten Abends spielte Dmitry Khodanovich, Preisträger internationaler Wettbewerbe, Originalwerke und Transkriptionen seines Lehrers  Vladimir Bonakow von Werken von S. Tanejew, S. Rachmaninow, C. Debussy, F. Liszt und G. Rossini. Der künstlerische Leiter des Festivals „Volkskünstler“ Friedrich Lips leitete in sehr bewegenden Worten zum eigentlichen Höhepunkt des Festivals über: Gedenken an das 80jährige Jubiläum des Komponisten Wladislaw Solotarjow (1942-1975), ohne dessen Wirken die Entwicklung der Literatur für Akkordeon/Bajan wohl einen ganz anderen Verlauf genommen hätte. Neben seinen Symphonien und Werken für Vokal- und Kammermusik sowie Streichquartetten erlangten vor allem seine Werke für Bajan große Bekanntheit. Olzhas Nurlanow spielte „Sonate Nr. 3 in 4 Sätzen“, Juri Sidorow „Ispaniada“ und das Bajan-Ensemble Semjon Schmelkow, Timur Galinurow, Arslan Aliew, Lin Jinghan, Rafael Sapukow und Alexej Pankratow eine Version für Sextett von „Rondo Capriccioso“.       

Zum Abschluss des Festivals stand die Unterhaltungsmusik aus dem Bereich Volksmusik und Jazz im Vordergrund. Eduard Akhanow und seine Freunde präsentierten eigene Werke und Arrangements. Der Bandoneonist Ivan Talanin brachte mit seinem Quartett „Tango En Vivo“ Tangomusik, speziell Werke von A. Piazzolla. Peter Dranga, Sohn des bekannten russischen Akkordeonisten Juri Dranga, begann seine Konzerttätigkeit 2004 sowohl als Solist als auch mit Orchester. 2016 veröffentlichte er zwei Alben: „Gulfstream“ und „Perspektive“, 2017 folgte „Part One with an Orchestra“.

Im Rahmen des Festivals stellte Nikolai Krawzow seine zahlreichen wissenschaftlichen und pädagogischen Arbeiten hinsichtlich der Schaffung eines einheitlichen Systems von Orgel-Klavier-Akkordeon-Tastaturen vor. Seit 2005 unterrichtet Professor V.I. Golubnichi (Nischni Nowgorod) erfolgreich Studenten auf einem solchen Akkordeon. Für die praktische Umsetzung dieser wissenschaftlichen Idee erhielt er zweimal ein Stipendium der Russian Performing Arts Foundation (2005 und 2006).

Jedes Jahr wird beim Festival ein Sonderpreis verliehen: die „Silver Disc“ für besondere Verdienste um die Bajan/Akkordeonkunst. Unter den Preisträgern befinden sich führende Interpreten, Komponisten, Lehrer, Musiker, Meisterdesigner. In diesem Jahr erhielten Alexander Kapitan, Nikolai Krawzow, Ludmilla Varavina, Roman Tschernow und Igor Sirojeschkin die begehrte Auszeichnung. Während des Festivals fanden im Foyer des Konzertsaals der russischen Gnesin-Musikakdemie Ausstellungen von Noten und Tonträgern sowie Vorführungen von Musikinstrumenten statt.

Fotos: Herbert Scheibenreif

1 Kommentar

  1. Ortrun Wagner

    Bajan-Virtuose Olzhas Nurlanov konzertiert in Viernheim

    Die Städtische Musikschule Viernheim lädt am 25. Februar zu einem hochkarätigen Solokonzert mit dem Weltmeister am Klassischen Akkordeon Olzhas Nurlanov in die KulturScheune zu Viernheim. Auf dem Programm stehen u.a. J. S. Bach, D. Schostakowitsch, V. Semonov, F. List, M. Glinka und V. Gridin mit Werken, die der Ausnahmekünstler aus Osteuropa wie kaum ein anderer zu interpretieren weiß.
    Olzhas Nurlanov, 1999 in Pawlodar/Kasachstan geboren, wurde das Bajanspiel wurde praktisch in die Wiege gelegt. Beide Eltern sind Musiker, der Vater Alimkulov Mejrman Nurlanowitsch, Bajanist und staatlich ausgezeichneter Musikpädagoge der Republik Kasachstan, die Mutter Elena Porchneva Klavierlehrerin. Früh gefördert und gefordert konnte er an der weltberühmten Russischen Gnesin-Musikakademie Moskau in der Klasse des Volkskünstlers Russlands, Professor Friedrich Robertovich Lips studieren.
    Schon als Kind wurde er als Überflieger auf Wettbewerben international bekannt. Mit 8 Jahren gewann er den 3. Preis des internationalen Wettbewerbs „Lira Priirtyschja“ in der russischen Stadt Omsk, vier Wochen später erhielt er in Astana/Kasachstan beim internationalen Wettbewerb „Astana-Merej“ den 1. Preis. Es folgten Bühnenauftritte in Russland, Kasachstan, Slowakei, Ukraine, Deutschland, China, Frankreich und Italien. Mit 21 Jahren war er bereits Sieger von mehr als dreißig Wettbewerben, u. a. der „Trophée Mondiale de L‘Accordion“/Frankreich, „PIF Castelfiardo“/Italien und Klingenthal/Deutschland.
    Mit nur 22, noch als Student, errang Olzhas Nurlanov den Weltmeister-Pokal mit dem 1. Preis des „74. Coupe Mondiale 2021“ der Confédération Internationale des Accordéonistes (CIA) in München, wo er in drei Runden der Meisterklasse vom ersten Moment an mit absoluter Präsenz, Verinnerlichung und feiner Musikalität verbunden mit unglaublicher Virtuosität und kraftvoller Ausdrucksstärke überzeugte.
    Dass Nurlanov auf seiner diesjährigen Gastspielreise durch Deutschland auch in Südhessen auftritt, ist der Verbindung zu Akkordeon-Lehrer Eduard Ungefucht von der Musikschule Viernheim zu verdanken. Musikschulleiter Runar Emilsson freut sich, dem hiesigen Publikum ein tolles Konzerterlebnis mit dem großartigen Akkordeonisten zu bieten.
    Konzert in der KulturScheune Satonévri-Platz, 68519 Viernheim
    Samstag, 25. Februar 2023
    17 Uhr – Einlass 16.30 Uhr
    Eintritt 20,00 €
    Info: Tel. 06204 988-403 und 0172-9502273

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