Der Kaisers neue Kleider

„Hätten Sie Lust, Mitglied einer der erfolgreichsten und chaotischsten Irish- Punk-​Bands der Welt zu werden?“

15. April 2021

Lesezeit: 11 Minute(n)

Nicole Kaiser

Der Kaisers neue Kleider

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Nicole Kaiser bei der Mahones-Europatournee 2019 in München (Foto: Alex Bock Photography)

Was tun, wenn als deutsche Akkordeonistin, unabhängig und Anfang vierzig, diese Anfrage per E-​Mail eintrifft: „Hätten Sie Lust, Mitglied einer der erfolgreichsten und chaotischsten Irish- Punk-​Bands der Welt zu werden?“ Die Rede ist von Nicole Kaiser aus Minden, und die Anfrage kam von The Mahones aus Kanada. Bandleader Finny McConnells Band ist in der Irish Punk-​Szene Kult, die Band veröffentlichte bislang über 20 CDs, und er selbst stand seit der Bandgründung 1990 mit Legenden wie den Pogues, Flogging Molly oder den Dropkick Murphys auf der Bühne. Was „Frau Kaiser“ aus diesem Angebot gemacht hat, wie es überhaupt dazu kam, warum es ihr nichts ausmachte, vorher unter anderem in einer Oktoberfest-​Band im pinkfarbenen Lederkostüm zu spielen und wie es in Corona-​Zeiten mit ihr und der kanadischen Band weitergeht, lesen Sie in diesem Interview. Viel Spaß!

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The Mahones (Foto: The Mahones)

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Album zu 30 Jahren Bandjubiläum: So sieht das Cover aus

Warum sollte ich zögern? Meine Antwort war sofort: „Klar, mach ich.“

Gibt es ein neues Album der Mahones?

Ja, Finny hat in diesem Jahr ein Acoustic-​Album herausgebracht, auf dem ich allerdings nicht mitwirken konnte. Er ist gerade in Deutschland auf einer Solo-​Tour, bei der ich ihn bei einigen Gigs am Akkordeon begleiten durfte, und er ist sogar aktuell bei mir in Minden zu Besuch.

Ist Minden auch Ihr Geburtsort?

Nein, ich bin 1980 in Tübingen geboren und in Süddeutschland aufgewachsen. Mit 20 wollte ich dann auf Reisen gehen und tingelte herum, schließlich landete ich in Minden und wohne hier seit 15 Jahren.

Spielen Sie auch andere Instrumente?

Ja, Gitarre und Klavier.

… und Gesang?

Bei den Mahones singe ich im Background mit, das sind aber Refrain-​Shouter a la „Hey Hey Hey“, und kein mehrstimmiger Gesang. In einer anderen Band, in der ich Mitglied bin, versuche ich mich gerade vorsichtig an der Front.

Wer alte CDs der Mahones hört, erwartet beim Konzert der Band mehr Irish Folk als echten Punk. Stimmt der Eindruck?

In der Tat. Die Band spielt mittlerweile alles sehr schnell, wüst und unglaublich laut, Punk eben. Es entspricht dem Verständnis der Band, es muss mächtig knallen. Ohne Gehörschutz würde ich auf der Bühne kein Konzert überleben (lacht).

Und bei den Acoustic-​Gigs in diesem Jahr?

Auf Finny’s Acoustic-​Tour in diesem Jahr war es viel entspannter und ruhiger und die Arrangements gingen zu den folkigen Wurzeln der Songs zurück.

Wie wurden Sie Bandmitglied der Mahones?

Eigentlich einfach. Finny suchte für die Tour Anfang 2019 eine neue Akkordeonistin. Seine Idee war, in deutschen sozialen Netzwerken zu suchen, denn, so erklärte er mir später seinen Gedankengang, in Deutschland würden Frauen wohl schon sehr früh anfangen, Akkordeon zu spielen. Er kannte einige Irish-​Punk-​Bands von hier und fand schließlich auch die Internetseite der Band Mr Irish Bastard. Da spielte ich hin und wieder mit.

Was heißt „hin und wieder“?

Die Band hatte für die Melodiespieler eine Art wechselndes System, es gab eine ganze Riege von Auswechselspielern, zu denen auch ich gehörte. Finny fand ein Foto von mir und meinte später, ich hätte auf dem Foto ausgesehen, als ob ich zu den Mahones gehören würde. Das Foto war zu meinem persönlichen Account verlinkt und so schickte er mir Ende 2018 eine Anfrage, ob ich nicht Lust hätte, mit den Mahones 2019 als Akkordeonistin für sieben Wochen in Europa auf Tour zu gehen.

Wie war Ihre Reaktion? Hatten Sie beim Lesen der Nachricht Schnappatmung?

Es war gefühlt ein Sechser im Lotto (lacht). Ich habe immer gerne Musik gemacht, in verschiedenen Bands, für alle war es immer ein Traum, mal eine Tournee zu spielen. Warum sollte ich also zögern? Meine Antwort war sofort: „Klar, mach ich.“

Waren Sie denn persönlich in der Situation, diesem Angebot so spontan zusagen zu können? Sind Sie Berufsmusikerin?

Nein, eigentlich nicht. Ich spielte zwar zuvor auch in Bands, in denen ich für meine Mitarbeit Geld verdient habe. Im gelernten Beruf arbeitete ich allerdings solo-​selbständig als Kinder- und Jugendlichen-​Physiotherapeutin. Nur durch meine Selbständigkeit konnte ich der Anfrage für die Tour zusagen, als feste Angestellte in einer Firma hätte ich das wohl nicht machen können.

Wie haben Sie die Tour neben Ihrem Hauptjob als Physiotherapeutin organisieren können?

Ich wollte das einfach, ich wollte diese Chance nutzen. Sie war so einmalig, dass ich alles um mich herum dafür anders organisiert habe. Allerdings war die Vorbereitungszeit sehr kurz, zwischen der Anfrage und dem Beginn der Tour lagen ja nur ein paar Wochen.

Nach Ihrer Zusage mussten Sie sich als neues Mitglied einer Band aus Kanada vorbereiten. Wie haben Sie das gemacht?

Finny nannte mir für die Vorbereitung das Mahones-​Album 25 Years of Irish Punk, eine Art Best-of-​CD der Band und meinte, wenn ich die Titel draufhätte, könnte ich im Prinzip alles mitspielen. So erarbeitete ich mir alle Songs nach Gehör. Ergänzend schaute ich mir, falls vorhanden, YouTube-​Videos an, denn live spielte die Band manchmal andere Melodielinien als im Studio.

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Proben vor der ersten Tour? Es gab keine!

Hatten Sie zusätzlich Hilfen?

Ich habe zu Hause ein Programm auf dem Computer, das Akkorde in den Songs analysieren kann. Das hat es mir etwas einfacher gemacht.

Und pro Song ein DIN-A4-Blatt für Notizen?

Nein, ich habe direkt versucht, alles auswendig zu lernen. Wenn ich einen Titel mitspielen konnte, machte ich mich an den nächsten, dann versuchte ich beide hintereinander mitzuspielen, und so ging das weiter, bis ich das ganze Programm draufhatte. Mit Lead-​Sheets konnte ich noch nie gut umgehen, ich brauche auf der Bühne die Freiheit und die Sicherheit, alles auswendig spielen zu können.

Wie gingen Sie dabei genau vor?

Ich erarbeitete mir zunächst die Akkordstruktur aus einem Song, anschließend die Melodien. So kam ein Song zum nächsten und ich übte alles wie in einer Endlosschleife. Es ist zeitaufwendig, aber bei mir funktionierte es. Zum Glück habe ich zu Hause kulante Vermieter, daher konnte ich in der Vorbereitungszeit ohne Beschwerden bis spät in die Nacht üben.

Wie verliefen die Proben vor der Tour?

Es gab keine (lacht). Ich flog nach Glasgow zum ersten Auftritt, wir trafen uns dort und fuhren sofort in den größten Musik-​Liveclub Schottlands The Garage. Wir machten einen Soundcheck und dann hieß es: „It’s Showtime“.

Wie war es für Sie, zum ersten Mal mit Band live auf der Bühne in Glasgow, nach den Vorbereitungen allein in Minden?

Es war schon kurios. Live klang alles noch mal ganz anders und einige Songs erkannte ich zunächst gar nicht. Ab dem zweiten Gig war es dann aber schon okay für mich.

Bekamen Sie die Liste der zu spielenden Titel für das erste Konzert rechtzeitig?

Die hatte ich tatsächlich schon zuvor eingefordert, denn ich wollte keine Überraschungen erleben. Es kam trotzdem beim Soundcheck zum Klassiker: „Ach, übrigens, wir spielen dann neu an der Stelle auch noch den Song.“ (lacht)

Sie spielen bei den Mahones ein Roland FR-​1X in schwarz. Ist das V-​Accordion Ihr eigenes?

Nein, das Instrument stammt von der Band. Katie hatte zuvor darauf gespielt und Finny brachte es mit nach Glasgow. Im Gegenzug brachte ich als mögliche Alternative mein Akkordeon der Marke Excelsior samt eingebauter Mikrofone mit nach Schottland. Wir hatten die Problematik echter Mikrofone versus virtuellem Akkordeon auf der Bühne zuvor per Mail besprochen. Beim Soundcheck wurde sofort klar, dass mein Natur-​Akkordeon im Gesamtsound nicht funktionieren kann, die Band war auf der Bühne einfach viel zu laut.

Die große St. Patrick Day – Jubiläumsparty der Mahones fand coronabedingt bei mir in der Küche statt.

Haben Sie Ihre Vorgängerin Katie „Kaboom“ persönlich kennenlernen können?

Nein, leider nicht, das hat sich noch nicht ergeben, was ich sehr schade finde. Auf meiner persönlichen To-​Do-​Liste steht ein Treffen mit Katie ganz oben.

Und Sie spielten zum ersten Mal überhaupt auf einem V-​Accordion und gleich ohne Eingewöhnung den ersten Auftritt?

Ja, das stimmt. Ich hatte mir die Bedienungsanleitung zuvor auf mein Mobiltelefon geladen und versuchte mit dieser, mir das Instrument in kürzester Zeit einigermaßen bühnentauglich zu machen. Allerdings weiß ich auch jetzt, nach fast zwei Jahren, noch nicht über jedes Feature Bescheid, vor kurzem erst erfuhr ich, dass man die Lautsprecher abschalten und dadurch Batteriestrom sparen kann.

Spielen Sie bei den Mahones auch mit der linken Hand?

Selten, wir haben ja einen Bassisten dabei. Beim Einstudieren der Songs spielte ich jedoch öfter auf der Bass-​Seite mit, um die Akkordstruktur besser verstehen zu können. Jetzt im Live-​Einsatz lasse ich die linke Hand weg und hüpfe dafür mehr rum (lacht).

… oder Sie fliegen über das Publikum. Auf einem Foto werden Sie beim Auftritt von den Fans mitsamt dem Akkordeon über das Publikum getragen. Konnten Sie dabei weiterspielen?

Ja, das hat tatsächlich funktioniert. Alle passten fantastisch auf mich auf und ein Fan hat meinen linken Arm wunderbar hochgehalten, das ist auf dem Foto auch zu sehen. Es war ein unglaubliches Erlebnis, welches ich nie vergessen werde.

Gehen wir zurück zu den Anfängen. Wie sind Sie zum Akkordeonspielen gekommen?

Ich habe einen älteren Bruder, der zum Gitarrenunterricht an der Musikschule ging. Meine Eltern unterstützten auch mich musikalisch sehr und schickten mich zunächst zur musikalischen Früherziehung mit Glockenspiel und Blockflöte. Wenn wir meinen Bruder von seinem Unterricht abholten, konnte ich im Nebenraum den Akkordeonunterricht hören und meinte als gerade mal Vierjährige zu meiner Mutter: das ist mein Instrument, das möchte ich gern mal spielen können. Sie fand mich wohl noch ein wenig zu klein dafür, daher machte ich zunächst die Früherziehung mit. Der Zufall verhalf mir dann zu meinem ersten Akkordeon. Wir trafen zwei Jahre später auf der Straße Bekannte und die erzählten meiner Mutter, dass sie ein Kinderakkordeon verkaufen wollten, ein Hohner Student in Rot.

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Foto: Markus Werner

Wurde das kleine Akkordeon dann Ihres?

Ja, ich habe meine Mutter so lange genervt, von wegen: du hast es mir versprochen, wenn ich erst Glockenspiel lerne, und so weiter, bis sie es mir schließlich gekauft hat. So bekam ich dann mit sechs Jahren den ersten Unterricht. Ich hatte einen kleinen Wagen, auf dem ich das Akkordeon tapfer zur Musikschule zog und mein Lehrer musste es für mich aus der Tasche auf den Schoß heben, ich war einfach noch so klein.

Wie ging es weiter?

Nach ungefähr zwei Jahren zogen wir in ein anderes schwäbisches Dorf, ich bekam einen neuen Lehrer und begann, im dortigen Akkordeonorchester mitzuspielen. Ich kam mit meinem Lehrer Horst Amann aus Reutlingen gut klar und blieb lange bei der Stange.

… aber nicht mehr mit dem Student-​Akkorden, oder?

Nein, irgendwann bekam ich eine Hohner Concerto III und danach eine Hohner Atlantic. Die Concerto III habe ich sogar heute noch. Ich spielte viel Original-​Literatur für Akkordeon, beispielsweise von Ernst-​Lothar von Knorr, belegte am Gymnasium Musik als Leistungsfach und nahm an einigen Vorspielwettbewerben für Akkordeon teil. Mit 20 war dann aber Schluss, ich kam nicht mehr richtig weiter und hatte auch keine Lust mehr auf diese Art von Literatur. Nach dem Schulabschluss verkaufte ich die Atlantic.

War das Thema Einzeltonspiel im Bass für Sie irgendwann Thema?

Nein, nicht wirklich. Ich kaufte mir im Alter von 25 Jahren allerdings für kurze Zeit ein Bugari Konverter-​Instrument. Ich hatte mich für einen Improvisations-​Workshop angemeldet und brauchte ein Akkordeon. Ohne Unterricht war mir das Einzeltonspiel für ein Selbststudium zu kompliziert, das Instrument war sehr schwer und ich verkaufte es schließlich wieder.

Welches Instrument kam dann?

Nach dem Workshop begann ich, in verschiedenen Bands mitzuspielen. Dafür brauchte ich ein leichteres Akkordeon. Für die Celtic-​Band Cromdale versuchte ich es zunächst mit meiner alten Concerto, war aber mit dem Cassotto-​Sound des Bugari noch im Ohr nicht damit zufrieden. Ich fand dann in meinem jetzigen Excelsior-​Akkordeon mit 96 Bässen, 37 Tasten und dreichörig im Diskant die ideale Mischung aus gutem Sound, relativ geringem Gewicht und einer für meine Bühnenshow wichtigen Robustheit des Instruments. In Frage kam auch ein Ballone Burini Fusion-​Akkordeon, welches ich testweise zur Verfügung bekam. Es war fantastisch, aber für meine rockige Bühnenshow wäre es mir einfach zu schade und zu wertvoll gewesen.

Was für Musik spielten Sie in der Band Cromdale?

Wir machten Keltischen Folk-​Rock mit akustischer und elektrischer Gitarre, Dudelsack, Geige und mir am Akkordeon. Die Band löste sich 2015 leider auf.

Wie ging es danach weiter?

Ich probierte ein paar Jahre verschiedene Projekte aus und wirkte dort mit, zum Beispiel die schon erwähnte Band Mr. Irish Bastard oder Rogue Ma­hone, eine Pogues-​Coverband aus Braunschweig, in der ich auch heute noch mitspiele.

… und Sie spielten tatsächlich in einer Oktoberfest-​Band?

Ja, das ist richtig, die Band nennt sich Die Lichtensteiner und ich spielte drei Oktoberfest-​Saisons dort in pinker Lederhose mit. Außerdem spielte ich mit den Wiesnfliegern eine Saison in Zaragosa in Spanien auf einem Oktoberfest. Die Bands führten mich zu meinen Polka-​Wurzeln zurück, mir machte das sehr viel Spaß und es trainierte außerdem hervorragend die eigene Spieltechnik.

Erzählen Sie etwas über die Mikrofonie in Ihrem Akkordeon.

Ich habe mir die Mikrofone fest einbauen lassen, im Diskant sind drei Kapseln verbaut. Das Besondere ist ein ebenfalls fest eingebauter Kopfhörerverstärker, so kann ich einen Ohrhörer direkt dort anschließen, selbst in der Lautstärke regeln und mich so unabhängig vom fremdgesteuerten Monitoring machen.

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Konzert in Frankreich 2020: Fans tragen Nicole auf Händen (Foto: Hey Frany)

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Setlist (Foto: Finny McConnell)

War In-Ear-​Monitoring für Sie ein Thema?

Ja, beim Oktoberfest funktionierte das auch ganz gut, allerdings fühle ich mich damit sehr abgeschottet vom Publikum, ein Gefühl wie in einer Blase, und das will ich eigentlich nicht so gerne. Mit einem Ohrhörer im rechten Ohr, über den ich direkt mein Akkordeon höre, und dem offenen linken Ohr, über das ich die Bühnenumgebung höre, komme ich einfach am besten zurecht.

Diese Art des Monitorings geht beim Roland FR-​1X ja auch.

Das stimmt, beim V-​Accordion ist ja der Kopfhörerverstärker ohnehin immer gleich mit eingebaut. So konnte ich mein Monitoring bei den Mahones komplett übernehmen.

Steht bei den Mahones für Sie auch ein Verstärker auf der Bühne, ähnlich wie für die E-​Gitarre und den E-​Bass?

Für die ersten zwei Auftritte hatte mir Finny einen eigenen Verstärker auf die Bühne gestellt. Er machte für mich allerdings keinen Sinn, ich brauchte ihn nicht.

Sie waren Anfang 2019 sieben Wochen mit den Mahones auf Europa-​Tournee. Wie ging es weiter?

Wir waren auf der ersten Tour zu viert besetzt, Gesang/Gitarre, Bass, Schlagzeug und ich am Akkordeon. Manchmal ist auch Mike, der Flötenspieler, dabei oder auch eine Geigerin, aber hier waren wir nur vier Musiker. Kurz nach der Tour flog ich nach Kanada zu zwei Auftritten, einer davon fand statt zum St. Patrick’s Day. Im Juni kam die Band wieder nach Europa zu einer Sommerfestival-​Tour und im Oktober und November spielte ich mit der Band eine Tour an der kanadischen Ostküste.

… und dann kam Corona.

In der Tat. 2020 ist ja das Jahr des 30-​jährigen Bandjubiläums. Wir begannen im Januar eine große Tour durch Europa, die Geigerin war als Fünfte dabei und wir spielten von Tschechien über Slowenien, Rumänien, Spanien, Deutschland, auch in Holland und Frankreich. Es wurde immer merkwürdiger, wir fuhren gefühlt dem Virus immer davon. Beispielsweise spielten wir eine Show im Elsass, und eine Woche später ging der Ausbruch dort massiv los. Schließlich wurden uns zwei Gigs in Italien abgesagt, einer in Tschechien und unseren letzten Gig spielten wir am 13. März im Monkeys Music Club in Hamburg. Am nächsten Tag begann der Lockdown.

Wie sind denn die Kanadier wieder in ihr Land gekommen?

Das war in der Tat sehr spannend. Die ganze Band fuhr zunächst am Sonntag nach dem Hamburg-​Gig zu mir nach Minden, ein Flug über die USA war schon nicht mehr buchbar, und wir fanden schließlich einen Flug über Holland und Island für den darauffolgenden Freitag, wobei es die ganze Woche nicht klar war, ob er überhaupt noch stattfinden wird.

Genau in der Woche war doch auch St. Patrick’s Day?

Das stimmt. Eigentlich war eine Riesenparty der Band geplant, daraus wurde dann eine kleine Küchenparty bei mir in Minden, das Video dazu kann man sich auch bei YouTube ansehen (lacht).

Was ist denn derzeit für Sie möglich, um als Musikerin tätig zu sein?

Ich wurde angefragt, bei der Band The Fiddling Lads für ihre neue CD ein paar Takes einzuspielen, mittlerweile habe ich das ganze Album mit eingespielt. Es gab auch ein paar Open-​Air-​Gigs, natürlich streng mit Hygiene-​Konzept, es war sehr schön, aber irgendwie „Musik in völlig veränderten Zeiten“. Finny hat diese Zeit genutzt, um das schon lange vorproduzierte Acoustic-​Album der Mahones nun auch zu veröffentlichen, und Ende des Jahres kommt die neue Platte zum 30-​jährigen Jubiläum raus.

Und Ihr Beruf als Physiotherapeutin?

Den habe ich glücklicherweise noch. Ich wollte eigentlich alles auf eine Karte setzen und nur Musik machen. Es ergab sich aber im letzten Jahr nicht endgültig und heute bin ich sehr froh, dass ich dieses zweite Standbein noch habe. Für das nächste Jahr ist wieder eine große Mahones-​Europatour geplant, mal sehen, ob und wie sie stattfinden kann.

Erstmals veröffentlicht in:

akkordeon magazin #77
Dezember/Januar 2020/2021

Fotos:

Fotos: Alex Bock Photography, Markus Werner, Hey Frany, The Mahones, ­Finny ­McConnell, Ymkje Veenstra, Hans Schoo

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