Die Seele im Balg

Ein Gespräch mit Carmen Hey über Passion, Poesie und ihre neue CD

14. August 2025

Lesezeit: 6 Minute(n)

Die Welt des Akkordeons ist reich an Virtuosität, doch wahrhaft berührend wird sie, wenn Künstlerinnen ihrem Instrument eine unverwechselbare Seele einhauchen. Carmen Hey ist eine solche Musikerin, deren Spiel nicht nur durch technische Brillanz, sondern vor allem durch tiefe emotionale Ausdruckskraft besticht. Anlässlich der Veröffentlichung ihrer neuen CD, einem echten Herzensprojekt, tauchen wir mit ihr ein in die Klangwelten, die sie mit ihrem Akkordeon erschafft.

Ein Gespräch mit Carmen Hey über Passion, Poesie und ihre neue CD
Interview: Wolfgang Hofmann / Fotos von: Carsten Jens, DHV Berlin

Einblicke in das Klanguniversum der Berliner Akkordeonistin

CD Titel: Carmen Hey & Friends „VOILÀ, FLAIR DE PARIS“ – Musette & Gypsy Swing

Musette und Gypsy Swing leben von einer tiefen emotionalen Ausdruckskraft – doch woher schöpfen sie und ihre Gruppe die Inspiration für die spürbare Leidenschaft in ihrer Musik? Welche persönlichen Geschichten oder Erfahrungen haben sich unhörbar, aber fühlbar in die neuen Stücke eingeschrieben? Tauchen Sie mit uns ein in die Klangwelt einer Akkordeonistin, die ihr Instrument mit Seele erfüllt. In der Welt des Akkordeons gibt es Künstlerinnen, deren Spiel nicht nur technische Brillanz, sondern auch eine tiefe, fühlbare Seele offenbart. Eine dieser Musikerinnen ist Carmen Hey, die mit ihrer neu erschienenen CD einmal mehr zeigt, wie viel Herz und Ausdruck in den Klängen dieses vielseitigen Instruments stecken. Wir durften mit ihr über ihren musikalischen Werdegang, die tiefe
Verbindung zu ihrem Instrument und die Entstehung ihres neuesten Werkes sprechen. Die Veröffentlichung einer neuen CD ist für jeden Künstler ein besonderer Moment, doch wenn es sich um ein wahres Herzensprojekt handelt, dann schwingt in jeder Note eine ganz eigene Emotion mit. Wir sprechen mit der gefeierten Akkordeonistin über die emotionale Reise der Entstehung ihres neuen Albums.

Foto: Carsten Jens, DHV Berlin

Der prägende Start am Instrument

Mein musikalischer Weg begann ungewöhnlich früh, schon mit vier Jahren, als mein Vater, Paul Hey, mir die ersten Töne auf dem Akkordeon beibrachte. Dieser Moment war ein Schlüsselmoment, der meinem Leben eine klare Richtung gab. Die tiefe Begeisterung meines Vaters für die Musik war ansteckend und hat mich mein ganzes Leben lang begleitet. Ich bin zutiefst dankbar, so früh meine Berufung gefunden zu haben. Mein Vater pflegte zu sagen: „Mit Musik kommst du immer durch. Musik ist ein treuer Freund und gibt dir stets eine sichere Basis.“
Obwohl das Akkordeon oft als komplex gilt, fiel mir das Erlernen von Anfang an leicht. Ich konnte sofort kleine Melodien spielen und entwickelte mich rasch zu einer künstlerischen Autodidaktin. Mein Vater überließ mir viel Freiraum zum Experimentieren, was meine Eigenständigkeit im Umgang mit Fingersätzen, Tonbildung und Stücken förderte. Das Zuhören und das Gefühl, das andere Musiker in ihre Interpretationen legten, prägten mich nachhaltig.

Als Jugendliche nahm ich an Musikwettbewerben wie Jugend musiziert teil und erhielt eine Förderung durch Hugo Noth nach dem Bundeswettbewerb. Anschließend begann das Musikstudium am Hohner-Konservatorium Trossingen, gefolgt von Studienschritten in Hannover bei Prof. Elsbeth Moser und einem Aufbaustudium bei Prof. Hugo Noth. Später bereicherten Jazz-Masterclasses, etwa in Cannes bei Richard Galliano, mein musikalisches Profil. Zusätzlich sammelte ich umfangreiche Erfahrungen in Bühnenprofessionalität, gewonnen durch das gemeinsame Leben als Künstlerpaar in Berlin mit dem Sinti-Musiker Martin Weiss & seinem Ensemble, mit denen ich auf der Bühne stand und auf CDs mitwirkte.

Die Faszination Akkordeon: Ein Instrument voller Seele

Für mich ist das Akkordeon das Atmende, Weiche, Warme – ein Instrument, das man am Herzen trägt. Es ist die einzigartige Tonerzeugung und die immense Vielfalt an Möglichkeiten, die es zu einem wahrhaft gekrönten, königlichsten Instrument machen. Man kann sich selbst begleiten, Rhythmen formen und Melodien gestalten, was immer für „gute Gesellschaft“ sorgt, selbst wenn man allein spielt.
Seine Volksnähe ist faszinierend; es verbindet sich mit Menschen, die das Leben feiern, oft abseits des großen Reichtums, aber reich an Tanz- und Spielfreude. Gerade in diesem Milieu findet sich weltweit die schönste Weltmusik, oft auf dem Akkordeon gespielt. Diese Universalität macht es zu einem kosmopolitischen Instrument, dessen Tiefe aus der Mischung von Blasinstrument und Tasteninstrument resultiert.
Der besondere Reiz liegt in seiner emotionalen Bandbreite, die Lebensfreude transportiert. Es ist technisch virtuos und herausfordernd, gleichzeitig harmonisch und melodisch ungemein interessant – eine perfekte Symbiose aus Rhythmus, Melodie und Harmonie. Kurz gesagt: Es ist ein orchestrales Instrument mit unzähligen dynamischen und expressiven Facetten. Besonders anziehend finde ich seine Rolle im Musette und Gypsy Swing, die von der Freiheit der Sinti- und Manouche-Musiker zeugen. Dies verkörpert mein eigenes Lebensmotto: authentisch zu sein, das ureigene Talent auszudrücken und niemals fremdbestimmt zu leben.

Gefühl in jedem Ton: Die Kunst des Ausdrucks

Die unglaubliche Emotionalität meiner Musik rührt daher, dass ich das, was ich innerlich fühle und aussagen möchte, mit den Fingern auf das Instrument übertrage. Es ist die Kunst, diese tiefe emotionale Bandbreite in eine dynamische Tonbildung zu formen, die genau dem inneren Gefühl oder Bild entspricht. Die Balgführung spielt dabei eine zentrale Rolle; das Beherrschen von Balgspannung, Crescendo, Decrescendo und Akzenten ist essenziell für die gesamte Spielkunst des Akkordeons. Ich arbeite stets mit inneren Bildern und Landschaften, die ich durchfühle und direkt in mein Spiel einfließen lasse.
Meine primäre Botschaft ist nicht komplex: Wenn ich selbst vom Klang berührt bin, dann schwappt dieses Gefühl über auf das Publikum. Es ist der Wunsch, das Feuer des Herzens weiterzugeben, denn ein Leben ohne Freude und Berührung ist für mich unvollständig.

Der Zauber des Ensembles: Eine orchestrale Kochkunst

Der wahre Zauber im Ensemble liegt für mich in den ergänzenden Klangfarben der einzelnen Instrumente. Jedes Mitglied bringt eine einzigartige Würze ein, vergleichbar mit einem Fünf-Sterne-Koch, der ein facettenreiches Menü kreiert. Unsere Konzerte sind wie kulinarische Erlebnisse mit Vorspeisen, Hauptgängen und Nachspeisen, die alle Sinne ansprechen.
Der kreative Prozess bei neuen Kompositionen ist dynamisch: Der Komponist bringt die Idee mit, wir spielen sie an, und dann entwickeln wir gemeinsam, wer wann was beisteuern kann. So entsteht ein großer Funke, der uns alle entzündet und vorantreibt. Die nächste CD wird genau diesen gemeinschaftlichen Geist widerspiegeln, mit gegenseitigem Zuführen von musikalischen Gedankenblitzen. So formt sich nach und nach ein ganz eigener, unverkennbarer Sound, der die Persönlichkeit jedes Einzelnen widerspiegelt. Ich bin überzeugt, dass Authentizität, Demut und die Offenheit für Neues den eigenen Klang zum Schwingen bringen und so Einzigartigkeit und Individualität entstehen lassen.

Inspirierende Klangwelten und Persönlichkeiten

Meine frühesten Inspirationen stammten von meinem spielenden Vater. Später im Studium begeisterten mich individuelle Solisten, deren einzigartiger Ausdruck sofort spürbar war. Ich habe Konzerte von Künstlern wie Astor Piazzolla, Richard Galliano, Biréli Lagrène und Martin Weiss förmlich aufgesogen, ebenso wie die Musik großer Gypsy-Musiker und französischer Akkordeonisten wie Joe Privat, Toni Murena, Guus Vizeur, Marcel Azzola mit seiner Jazz-Phrasierung, und der wunderbare Niederländer Johnny Meyer mit seiner unvergleichlichen Leichtigkeit.
Auch klassische Komponisten wie Ravel, Bach, Scarlatti und Igor Strawinsky prägten mich. Über die Musik hinaus inspirierten mich Persönlichkeiten wie die Modedesignerinnen Coco Chanel und Vivienne Westwood, deren kreative Freiheit und das Brechen von Konventionen sich auf meine Musik übertrugen. Selbst Landschaftsgärtner wie Monty Don und Filmkomponisten wie Ryuichi Sakamoto trugen dazu bei, meine Wahrnehmung für Schönheit und Ausdruck zu schärfen. Musik ist für mich eine hohe Kunst, die absolute Hingabe, Forschergeist und Abenteuerlust verlangt – Tugenden, zu denen ich stets bereit war.

Die Magie des Live-Erlebnisses

Live-Auftritte sind für mich von größter Bedeutung, da hier die Spontanität in vollem Umfang zum Ausdruck kommt. Die direkte Interaktion und Kommunikation mit dem Publikum schafft ein einzigartiges Gefühl des Gebens und Empfangens – ein wunderbarer Austausch geteilter Lebensfreude.

Die neue CD: Eine musikalische Oase

Meine neue CD ist eine Sammlung meiner Lieblingsstücke, und es fällt mir schwer, ein einzelnes hervorzuheben, da ich die Vielseitigkeit jeder Komposition schätze – ob langsam, schnell, schwungvoll oder getragen. Wenn ich mich jedoch entscheiden müsste, wäre es „La Chanson d’Hélène“ von Philippe Sarde. Dieses schlichte, aber tiefgründige Lied aus dem Film mit Romy Schneider ist für mich fantastisch.

Mein größter Wunsch ist, dass die Hörer beim Eintauchen in die CD sich vom Herzen leiten lassen. Ich möchte sie in eine Welt voller herzvoller Bilder und Oasen der Ruhe entführen: erfrischende Quellen, wundervolle Landschaften, einen wolkenreichen Himmel, eine sternklare Nacht oder ein Sommerabend, erfüllt vom Zirpen der Grillen und dem Wehen der Mohnblumen. Kurz gesagt, ich assoziiere meine Musik stark mit Naturbildern.

CD: auf allen Streaming Diensten, wie Apple Music, Amazon iTunes, Deezer

Und als Download auch in meinem Shop erhältlich. 

… und als CD für CD-Player bestellbar. Bitte kontaktieren Sie mich: info@creativeatelier.info

Zukunftsvisionen und Workshops

Unsere zukünftigen Pläne sind bereits konkret: Wir werden ein neues Album mit eigenen Stücken aufnehmen. Hierbei sollen Gefühl, Naturklänge und Herzenssounds eine noch zentralere Rolle spielen. Es wird ein gemeinschaftliches Projekt, bei dem die Kompositionen von allen Bandmitgliedern eingebracht, arrangiert und orchestriert werden, wobei jeder seine persönliche Kunstfertigkeit an seinem Instrument einfließen lässt.
Parallel dazu biete ich weiterhin Workshops an, um mein Akkordeon-Handwerk weiterzugeben. Der Fokus liegt darauf, wie man Gefühl in die Musik legt und dabei authentisch bleibt. Es ist mir wichtig, dass jeder Teilnehmer seinen individuellen Ausdruck findet, indem er lernt, was passt und was weggelassen werden kann – ein Geheimnis, das ich als „Ergänzen und Weglassen“ bezeichne. Ich möchte Kreativität und Inspiration vermitteln und sehe, wie viel Freude es den Teilnehmern bereitet, ihre eigene Kunstfertigkeit zu entdecken. In der heutigen, oft hektischen Welt ist Musik eine wunderbare „Insel“ der Freude und des Lebens. Ich hoffe, dass viele Menschen durch die Musik diese Inseln ihrer Seele wiederfinden und sich an das herzvolle Miteinander erinnern.

Wie schön, daß du da bist! – Creative Atelier für Musik & Lebenskunst – Carmen Hey

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Foto: Carsten Jens, DHV Berlin

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