Der lustige Elefant auf dem Cover der CD lässt es schon ahnen: Dieses Projekt hat etwas mit Zirkus zu tun, denn „Big Top“, das ist das große Zirkuszelt, in dem die Artisten sich tummeln. „Under the big top, so many different kind of acts can come together, from the spine-tingling thrills of the high wire acts and trapeze artists, to the strength and artistry of the acrobats, to the wizardry of the jugglers and the madcap antics of the clowns… Enjoy the show!” So beginnen die Liner Notes im Booklet der CD.
Zwei Musikerpersönlichkeiten stecken hinter diesem Projekt. Der eine ist der Jazztrompeter Volker Goetze. Ich muss zugeben, dass ich bisher von ihm nichts wusste, aber wer auf YouTube sucht, findet schnell einige Aufnahmen, die belegen, dass Goetze große Freude daran hat, ungewohnte, interkulturelle Begegnungen zu unternehmen.
Der zweite dürfte sehr vielen unserer Leser bekannt sein: es ist der Altmeister mit dem unaussprechlichen Namen, Guy Klucevsek – er hat in den vergangenen Jahrzehnten unendlich viele spannende Projekte aus der Taufe gehoben, nicht zuletzt das legendäre Tourneequintett der reisenden Akkordeonmeister*innen namens „Accordion Tribe“.
Jetzt also „Little Big Top“. Schon die Vorgeschichte des Projektes ist etwas ganz Besonderes: in den vergangenen Jahren gab es weltweit Veranstaltungen unter dem Titel „Little Amal Walks“ – eine übermenschengroße Puppe, bedient von fünf Puppenspielern, stellte das Flüchtlingsmädchen Amal dar und zog durch die Lande, um an das Schicksal allein gelassener Flüchtlingskinder zu mahnen. Für eine solche Veranstaltung in Staten Island/New York stellte Klucevsek die Musikstücke zusammen: teilweise ältere Kompositionen in neuer Bearbeitung, teilweise auch neue Originalstücke.
Wer das Schaffen von Guy Klucsvsek ein wenig verfolgt hat, weiß, wie gerne er – bei aller extremen Vielfalt im Musizieren – immer wieder auf einige Schwerpunktmotive zurückkommt: das eine sind die Elemente der Polka-Tradition, zu der er sich als einer Art Ur-Heimat bekennt, das andere sind – trickreich in immer wieder neuen, ungeraden Metren gestrickte – Themen im Balkan Style.
Was den Aufnahmen von Little Big Top ein so blutvolles, circensisches Leben verleiht, ist die Art, wie Klucevseks Mitspieler mit dem musikalischen Material umgehen. Zu dem Trompeter Volker Götze gesellen sich noch der Klarinettist Doug Wieselman und Jeff Hudgins am Allsaxophon – alles gestandene Jazzmusiker, und entsprechend behandeln sie auch das Material: In vielen der Stücke erklingen erst die komplex komponierten Themen unisono oder mehrstimmig zwischen Akkordeon und Bläsern, dann läuft der Groove, über den fröhlich, sehr druckvoll und ziemlich frei improvisiert wird. Gerade diese Mischung aus äußerst disziplinierten, virtuosen Themen einerseits, und andererseits unbefangen überbordender Jazzimprovisation – gibt den Stücken eine ganz besondere Fröhlichkeit, eine ganz besondere Lebendigkeit – ein schönes Hörvergnügen!
Eine kleine Kostprobe fand ich auf YouTube unter dieser Adresse:
https://www.youtube.com/watch?v=RWgc7w4AnsU
Ach und übrigens: das Promo-Manuskript, das wir zur Bewerbung der CD bekamen, verrät ganz nebenbei auch noch die Lösung des ewigen Rätsels: wie wird der Nachname des Meisters Klucevsek denn nun wirklich ausgesprochen? Hier steht es in Lautschrift: man spricht „Kloo-SEH-vik“. Na bitte – wieder etwas gelernt.
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