1 Bus – 7 Musiker:innen – 34 Tage

Akkordeonale geht wieder bundesweit auf Tour

7. Februar 2024

Lesezeit: 4 Minute(n)

Sie ist ein Pflichttermin für alle Fans facettenreicher Akkordeonmusik: die Akkordeonale. Das einzige tourende internationale Akkordeonfestival der Welt reist auch in diesem Jahr wieder durch ganz Deutschland und hat Musik unterschiedlichster Stile und Kulturen im Gepäck. Am 3. April 2024 geht es los: Stolze 33 Konzerte innerhalb von 34 Tagen präsentieren der Akkordeonist Servais Haanen und die Künstlerin Kristine Talamo-Spiegel, das Gründungs- und zugleich das Organisationsteam des Festivals.
Djordje Davidovic

Foto: BSB-Studio-Photography

Zu neunt im Neunsitzer

Den Veranstaltungsauftakt bildet traditionellerweise ein Auftritt in Karlsruhe, dann geht es jeden Tag in eine andere Stadt – und zwar zu neunt im Neunsitzer-Bus: mit sieben Profi-Musiker:innen, zu denen auch Servais Haanen zählt, Kristine Talamo-Spiegel und dem Tontechniker Julius Oppermann, der sich zugleich als Fahrer zur Verfügung stellt. Zu neunt im Neunsitzer, und das fünf Wochen lang. „Dass sich da alle gut verstehen, ist eigentlich das Wichtigste“, sagt Servais Haanen. „Die Musiker kennen sich ja vorher meist nicht. Wir treffen uns alle erst am Tag vor der Tour, lernen uns beim Abendessen kennen, am nächsten Vormittag proben wir die Ensemblestücke, nachmittags den gesamten Programmablauf. Und abends ist dann direkt die Premiere.“

Zu allen Schandtaten bereit

Was als Außenstehende:r erstmal verblüffend klingt, ist für Servais Haanen und Kristine Talamo-Spiegel seit 15 Jahren ein gelebter Traum.

„Dass sich da alle gut verstehen, ist eigentlich das Wichtigste“, sagt Servais Haanen.

Mit Ausnahme der Pandemiezeit veranstaltet das Ehepaar die Akkordeonale seit 2009 jährlich und hat dabei längst Routine entwickelt – ohne, dass die Begeisterung für ihr ebenso einzigartiges wie aufwendiges Veranstaltungsformat je nachgelassen hätte. Servais Haanen ist für die künstlerische Arbeit zuständig. Über das Internet sucht er die passenden Künstlerinnen und Künstler aus und lädt sie ein. Allein dies ist bereits eine Herausforderung – der Festivalzeitraum ist lang, und nicht jede:r Musiker:in kann so lang am Stück von zu Hause wegbleiben. Nur ab und zu bewerben sich Künstler:innen von sich aus. Bei der Auswahl der Mitwirkenden achtet Haanen außerdem darauf, wie sie beispielsweise in Videoaufnahmen in zwischenmenschlicher Hinsicht auf ihn wirken. „Wenn ich in einem Video also einen Musiker sehe, der seine Mitspieler überhaupt nicht beachtet oder nicht auf sie reagiert, kann ich ihn nicht einladen. Wir arbeiten fünf, sechs Wochen am Stück zusammen – da brauchen wir offene, soziale Menschen“, erklärt er. Neben den Akkordeonist:innen sucht er jedes Mal auch zwei andere Musiker:innen, weil er das noch schöner findet. „Wir brauchen begleitende Musiker, die zu allen Schandtaten bereit sind“, lächelt Servais Haanen. „Viele spielen nur Jazz oder Klassik – aber wir brauchen Leute, die eigentlich alles spielen können“. Neben der Auswahl der Musiker:innen gehört auch das Komponieren der Ensemblestücke, die neben den Solostücken der Mitwirkenden aufgeführt werden, zu seinen Aufgaben. Ebenso übernimmt Haanen die gesamte inhaltliche Planung des Programms. Dabei weiß er meist schon im Vorfeld, was er unbedingt im Programm haben möchte, beispielsweise einen Vertreter eines bestimmten Landes und dessen Musik. Darum herum „baut“ er, was gut passt und im Konzert einen möglichst großen Spannungsbogen ermöglicht. Während der Akkordeonale spielt Servais Haanen dann nicht nur selbst mit, sondern ist auch der Moderator – sein unverwechselbarer Charme und Humor sind mittlerweile längst zu einem der Markenzeichen der Veranstaltung geworden.

Marcello Squillante Olivier-Unia

Foto: Olivier Unia

Das künstlerische Gewissen

Kristine Talamo-Spiegel hingegen bezeichnet sich augenzwinkernd als „das künstlerische Gewissen oder auch die Bandpsychologin der Akkodeonale“. Während der Tour kümmert sie sich um alles Organisatorische sowie um die Konzertregie und wenn es nicht anders geht, durchaus auch mal um die Wäsche der Mitwirkenden.

 „Wir brauchen sehr viel Vorlauf wegen der Konzerthäuser, und auch, damit die mitwirkenden Musiker zuverlässig vorausplanen können.“ Kristine Talamo-Spiegel

Auch im Vorfeld der Akkordeonale ist sie aktiv – und dies nicht zu knapp: Talamo-Spiegel bewältigt nicht nur das gesamte Tourmanagement rund um Visaanträge, Finanzen, Versicherungen, An- und Abreisen der Künstler:innen und Abstimmungen mit dem Bookingbüro, sondern auch größtenteils die Presse- und Öffentlichkeitarbeit. Aktuell ist sie bereits mit der Akkordeonale im Jahr 2025 beschäftigt: „Die Planungen für 2024 sind schon längst abgeschlossen“, erklärt Kristine Talamo-Spiegel. „Wir brauchen sehr viel Vorlauf wegen der Konzerthäuser, und auch, damit die mitwirkenden Musiker zuverlässig vorausplanen können.“

Paul Schuberth

Foto: Thomas Lieser

Ausblick auf die Akkordeonale 2024

Doch nun erstmal zurück zu diesem Jahr – denn die Akkordeonale vom 3. April bis 6. Mai 2024 rückt mit großen Schritten näher und lockt mit einem hochkarätigen und facettenreichen Line-Up: Mit dabei sind Irene Tillung aus Norwegen, Djordje Davidovic aus Serbien, Marcello Squillante aus Italien und Paul Schuberth aus Österreich. Begleitet werden sie von Kaya Meller aus Polen am Flügelhorn und Esther Swift aus Schottland an der Konzertharfe. Das Publikum erwartet wie immer ein innovatives, berauschendes Fest. Ob traditionell oder zeitgenössisch, ob folkloristisch, klassisch oder jazzig: das Programm sprüht vor Temperament, Esprit und Poesie.

Kaya Meller

Foto: Yuliia Kucherenko

Esther Swift

Foto: Duncan McGlynn

 

Als Herzstück der Konzerte bei der Akkordeonale sehen Servais Haanen und Kristine Talamo-Spiegel die pulsierenden Wechsel von Soli und Ensemblestücken sowie die spannenden Interaktionen zwischen den Musikerinnen und Musikern. Denn so unterschiedlich die Persönlichkeiten, kulturellen Wurzeln und musikalischen Spielweisen aller Beteiligten auch sein mögen – die Musik fungiert auf der Akkordeonale immer als Sprache und schafft eine lebendige Verständigung über Grenzen und Trennendes hinweg. „Mein Lieblingsmoment auf der Tour ist eigentlich immer der gleiche“, erklärt Servais Haanen. „Nämlich wenn ich merke, dass sich alle gefunden haben. Wenn zum Beispiel die Mitwirkenden von sich aus zusammen etwas unternehmen. Das freut mich dann zu sehen. Und wenn ich merke, dass die Stücke auf der Bühne gut funktionieren. Weil man daran merkt, dass alle die Musik voneinander akzeptieren.“

Servais Haanen

Foto: Imanuel Spiegel

 

Alle Konzerttermine und weitere Informationen zur Akkordeonale 2024 gibt es unter https://www.akkordeonale.de/.

Ein weiterer Artikel über die Akkordeonale steht für ao+-Abonnent:innen im akkordeon magazin #69 (August/September 2019) zur Verfügung. Und wer Lust auf einen Video-Einblick ins Tourleben und die vergangenen Konzerte bekommen hat, findet auf dem Youtube-Kanal der Akkordeonale ein Roadmovie sowie eine Dokumentation über das Festival.

Irene Tillung

Aufmacher-Foto: Ingvil Skeie-Ljones

1 Kommentar

  1. Christiane Windhausen

    Wie im Artikel beschrieben (Als Herzstück der Konzerte bei der Akkordeonale sehen Servais Haanen und Kristine Talamo-Spiegel die pulsierenden Wechsel von Soli und Ensemblestücken sowie die spannenden Interaktionen zwischen den Musikerinnen und Musikern.), konnte dieses Herzstück im gestrigen Konzert erneut besonders lebendig und mitreißend erlebt werden.
    Der Abend war – wie jedes Jahr – eines der Konzert-Highlights des Jahres für meinen Mann und mich. Man geht begeistert, beschwingt, beseelt nach Hause und spricht noch lange über diese hervorragende Veranstaltung! Danke und Bravo an Servais Haanen und Kristine Talamo-Spiegel und alle mitwirkenden Musiker*innen! Weiter so!

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