„Friends forever!“ – Das ist mein erster Impuls, wenn ich an die Kombination aus Blasmusik und Tasteninstrumenten denke. Doch ganz so einfach ist es nicht: Für ein gemeinsames Musizieren muss diese „Freundschaft“ aus doch sehr unterschiedlichen Instrumentengruppen erst einige Hürden überstehen.
Ziel des Workshops „AkkoBrass“ ist es, einen Weg für die Erstellung gemeinsamer Arrangements und Kompositionen zu finden, sodass Blas- und Tasteninstrumente eine Einheit bilden und eine neue Dimension der Klangvielfalt erzeugen können. In diesem Teil widmen wir uns zunächst den Grundlagen für jegliches Zusammenspiel verschiedener Instrumentengruppen.
Workshopübersicht
- Teil 1: Einführung für Einsteigerinnen und Einsteiger: Transponieren und Tonumfänge
- Teil 2: Wir spielen im Duett – harmonisch parallele Stimmführung oder eigenständige 2.Stimme?
Klarinette, Trompete 🎺 oder Akkordeon 2? - Teil 3: Auch ein Bass ist immer schön als Stütze in der Tiefe…wir haben nur eine Tuba in B oder Es zur Verfügung was nun?
- Teil 4: Noch klingt das Ganze etwas leer?
Die Begleitung gibt dem ganzen Fülle
Nehmen wir F-Hörner, Posaunen oder Akkordeon VI?
Ist doch egal! Nein, das ist es nicht. - Teil 5: Aber jetzt fehlt immer noch was?
Es klingt noch ziemlich unvollständig?
Was fehlt ist eine Nebenstimme die das ganze mit einer anderen Komponente untermalt.
Das wäre doch was für das Tenorhorn, dad Waldhorn oder das Akkordeon III? - Teil 6: Als Ergänzung etwas Schlagwerk gefällig? Rhythmische Sicherheit und fetziger Groove…
Auch immer schön – ein Chor dazu!
Oder Streicher
Über den Autor
Gottfried Hummel
(* 2. März 1968 in Löffingen) ist ein deutscher Dirigent, Musiklehrer, Komponist und Arrangeur. Die Kompositionen und Arrangements Hummels werden in der Akkordeonszene vielfach gespielt. Seine Arrangements reichen von Volksmusik und Schlager bis hin zu Rock, Pop und Klassik. Auch im Bereich Blasmusik ist er mit Kompositionen und Arrangements vertreten. Als Musikpädagoge entwickelte er Konzepte für das gemeinsame Musizieren von Spielern aller Altersstufen und Schwierigkeitsgrade in einem Akkordeonorchesters.
TRANSPONIERENDE INSTRUMENTE
Die erste musikalische „Freundschafts-Hürde“ zeigt folgendes Beispiel aus dem Alltag an einer Musikschule. Neulich kam eine Akkordeonschülerin zu mir in den Unterricht und war total frustriert. Sie wollte zusammen mit ihrer Freundin die berühmte Europahymne von Beethoven für ein Schulkonzert einstudieren – die Freundin an der Klarinette und sie am Klavier. Um es einfach zu halten, verwendeten beide das gleiche Notenblatt.
Eigentlich gut gedacht – doch das Ergebnis beim Üben machte die beiden alles andere als glücklich: Irgendwie hatte jede den Eindruck, die andere würde total falsch spielen. Doch obwohl es sich akustisch sicher schrecklich anhörte, hatte sicher tatsächlich jede richtig gespielt. Wie kann das sein?
Der Grund ist ganz einfach: Die Klarinette ist ein sogenanntes transponierendes Instrument.
Der Begriff „transponieren“ kommt vom lateinischen Wort „transponere“ und bedeutet „verschieben“ oder „versetzen“. Die Notwendigkeit einer klanglichen „Verschiebung“ bei Instrumenten liegt darin begründet, dass verschiedenste Instrumente schon mal grundsätzlich anders aussehen und unterschiedlich gebaut sind – eine einfache und vielleicht banal klingende Erklärung, die allerdings die Grundlage für das Verständnis von Transposition ist.
Wie jeder weiß, gibt es große und kleine Instrumente. Die unterschiedliche Größe jedoch hat auch unterschiedliche Klanghöhen zur Folge: Eine Tuba klingt nun mal ganz anders als eine Piccoloflöte. Doch auch verschiedene Instrumentengruppen wie Holzbläser und Blechbläser sind unterschiedlich gebaut. Dennoch möchten die ausübenden Musikerinnen und Musiker nicht ständig neue Griffe lernen – wenn ein Ton C notiert ist, möchten Sie auch ein C spielen!
Doch warum können Klarinetten, Akkordeons oder Klaviere nicht nach den gleichen Noten spielen?
Darum: Bei einem transponierenden Instrument erklingt ein anderer Ton als der, der gegriffen wurde, bzw. als der der in den Noten steht.
Die meisten Blasinstrumente sind transponierende Instrumente. Da gibt es Klarinetten, Trompeten oder Tenorhörner in B oder Saxophone in Es, Hörner in F und noch viele andere.
Bleiben wir doch direkt mal beim Beispiel der Klarinette:
Wenn die Klarinette den notierten Ton C spielt, erklingt der Ton B
Dementsprechend klingt bei einem Saxophon in Es das Es, wenn es ein notiertes C spielt, bei einem Horn in F das F und so weiter.
Deswegen haben unsere beiden Duopartnerinnen vom Anfang des Kapitels das Gefühl gehabt, in unterschiedlichen musikalischen Welten zu spielen – das Akkordeon spielte in klingendem C-Dur, die Klarinette in klingendem B-Dur. Jede hatte richtig gespielt – aber zusammen passte es natürlich nicht. Denn dazu hätte die Klarinette in D-Dur, also eine große Sekunde höher und im Quintenzirkel mit zwei Vorzeichen mehr notiert werden müssen, während das Akkordeon in C-Dur notiert geblieben wäre.
Alternativ wäre es auch möglich gewesen, die Klarinette in C-Dur zu notieren und die Akkordeonstimme in B-Dur verlaufen zu lassen.
Hier die wichtigsten transponierenden Instrumente im Überblick:
In B gestimmt sind u.a. Klarinetten, Trompeten, Flügelhörner und Tenorhörner.
In Es gestimmt sind Saxofone.
In F gestimmt sind Waldhörner.
UNTERSCHIEDLICHE TONUMFÄNGE DER INSTRUMENTE
Ebenfalls ein Kriterium zum gelingenden Zusammenspiel sind die unterschiedlichen Tonumfänge der Instrumente. Diese richten sich zum einen nach der Bauart des Instrumentes und zum anderen nach den Fähigkeiten der Musizierenden und dem Tonbereich, den er oder sie gut und problemlos umsetzen kann.
Wir Tastenspieler und -spielerinnen haben es da generell einfacher: Wir drücken eine Taste und der Ton steht sofort. Ganz so leicht ist es bei den anderen Instrumenten nicht.
Bei den Streichinstrumenten funktioniert hier sehr viel über das Gehör und das Körpergedächtnis. Auch die Handhabung des Bogens ist sehr entscheidend dafür, wie gut oder „schruppig“ ein Ton klingt. Selbst wenn der richtige Ton gespielt wird, hängt es also von dem oder der Musizierenden ab, wie schön er klingt.
Bei den Blasinstrumenten ist die Sache noch einmal ganz anders.
Wie der Name schon sagt, erfolgt die Erzeugung des Tones zunächst einmal über die Zufuhr von Luft. (Übrigens: da das Akkordeon auch nur durch die Zufuhr von Luft erklingen kann, ist es eigentlich ja auch ein Blasinstrument! Doch bleiben wir nun bei den „üblichen“ Blasinstrumenten.)
Die Erzeugung eines Tones erfolgt auf folgende Weise: Die Luft wird über ein Mundstück dem Instrument zugeführt, welches diesen Luftstrom akustisch umsetzt. Klingt ganz einfach – alle, die zum ersten Mal versuchen, einen Ton auf einer Trompete zu spielen, werden jedoch eines besseren belehrt.
Ganz klar ist es natürlich Definitionssache, was denn ein Ton ist: Ein mit Luft erfülltes musikalisches Geräusch oder etwas, das man einer bestimmten Tonhöhe zuordnen kann?
Wie dem auch sei – um auf einem Blasinstrument einen für musikalische Zwecke brauchbaren Ton erzeugen, benötigen wir immer eine Kombination aus Luftzufuhr in das Instrument über das Mundstück und eine entsprechende Spannung in der Lippen- und Gesichtsmuskulatur, welche man „Ansatz“ nennt. Bei den Holzblasinstrumenten kommt auch noch ein weiterer Faktor dazu, nämlich das kleine „Blättchen“, welches auf das Mundstück geschraubt wird und die Seele jedes Holzblasinstrumentes ist.
Aus der Kombination von Ansatz, ggf. Blättchen und dem Talent des Musikers oder der Musikerin ergeben sich also die „menschlichen Aspekte“ des Tonumfanges.
Zwei weitere Aspekte, die den Tonumfang beeinflussen, sind die Bauart und die spezifischen Möglichkeiten des entsprechenden Instrumentes. Den größte Tonumfang bei den Holzblasinstrumenten hat mit 3 ½ Oktaven eindeutig die Klarinette. Bei den Blechblasinstrumenten ist es das Horn , auch Waldhorn genannt – zusammen mit der Oboe gilt dieses übrigens als das am schwierigsten zu spielende Instrument.
Diese Einführung dürfte verdeutlicht haben, dass für das Arrangieren gemeinsamer Stücke für Akkordeon und Blasinstrumente einige grundlegende Spezifika zu beachten sind – und mit diesem Wissen starten wir im nächsten Teil nun in den eigentlichen Workshop „AkkoBrass“.
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