Große Freude bei Freunden und Kennern anspruchsvoller Akkordeonmusik: Olzhas Nurlanov, Bajanist aus Kasachstan, begnadeter Musiker und Träger höchster Auszeichnungen, machte sein Versprechen wahr und kam ein zweites Mal nach Heppenheim zu einem Solokonzert. In der evangelischen Heilig-Geist-Kirche präsentierte der Ausnahme-Künstler sein erweitertes Repertoire und stellte seine druckfrisch erschienene erste CD mit dem Titel „Harmonie der Kulturen“ vor.
Durch das fast zweistündige Programm führte Akkordeonlehrer Eduard Ungefucht von der Musikschule Heppenheim, der das Konzert im Vorfeld organisatorisch vorbereitet hatte. Als erfahrener Musikpädagoge weiß er um die prägende Bedeutung hervorragender Konzerterlebnisse, die Künstler wie Nurlanov zu bieten wissen.
Trotz seiner Jugend, er ist 24 Jahre alt und hat erst kürzlich sein Studium an der Gnessin Akademie in Moskau beendet, zählt Olzhas Nurlanov zu den weltbesten Bajanisten der Gegenwart. „Bajan“ ist die Bezeichnung für das russische Knopfgriffakkordeon, das zuerst 1870 von Nikolai Iwanowitsch Beloborodow (1828–1912) in Tula/RU gebaut wurde. Seitdem stetig weiterentwickelt, gilt das Bajan heute als das höchst verfeinerte Handzuginstrument der Welt. Es wird bevorzugt von Hochschulabsolventen und Berufsmusikern gespielt, so auch von Olzhas Nurlanov.
Mit unglaublicher Virtuosität und intensiver musikalischer Spiritualität führte Nurlanov die Zuhörer in seine fantastische Welt der Klänge aus Barock, Romantik und Moderne. Orgelgleich und glasklar ließ er zu Beginn die „Sonata a-moll“ von J.S.Bach, die „Sonata f-moll“ und „Sonata F-dur“ von D. Scarlatti erklingen. Es folgten A. Holminovs „Herbstmelodie“, „Varlaams Lied“ aus der Oper „Boris Godunov” von M. Mussorgsky und dann eine wunderbare Komposition von I. Panitsliy über das russische Volkslied „Oy, da ty, Kalinushka” sowie von N. Mendygaliev „Legendäres Gedicht über die Dombra”, die Vertonung einer mythologischen Erzählung aus Kasachstan. Unbeschreiblich schön die Interpretation von M. Glinka – M. Balakirev “Die Lerche”, gefolgt von A. Na Yun Kin, „Dünne Eberesche”, C. Saint -Saens – F. Liszt – V. Horowitz – Y. Shishkin, „Danse Macabre”,G. Bizet-V. Horowitz-Y. Shishkin, Carmen Variations”, R. Schuman – K. Tausig – S. Shmelkov, „Der Schmuggler” und A. Rozenblatt, „Tanz der kleinen Schwäne“. Den Abschluss bildeten überraschend fröhliche Takte, die das Publikum unmittelbar zum Mitschnipsen, Schaukeln und Klatschen animierten: A. Na Yun Kin „Ragtime”, A. Musichini-E. Akhanov, „Ein Lied für Joe”, J. Strachey-E. Akhanov, „Diese dummen Dinge” und natürlich auf allgemeine Forderung eine Zugabe.
Scheinbar mühelos zog Olzhas Nurlanov mit seiner außergewöhnlichen musikalischen Darbietung alle Anwesenden in seinen Bann. Das Publikum, teils von weit her angereist, staunte, bejubelte und feierte den jungen Ausnahmekünstler, der aus seinem Handzuginstrument schier Ungeahntes hervorbrachte. Tief beeindruckt äußert sich Vitali Neifert, ein ausgewiesener Kenner der internationalen Akkordeon-Szene, der in Pforzheim eine private Musikschule betreibt und eigens von dort her zum Konzert gekommen war:
„Olzhas Nurlanov kann bereits zu den herausragenden Interpreten klassischer akademischer Musik auf Klavier, Violine, Orgel und vielen anderen Instrumenten gezählt werden. Einer der bedeutendsten Künstler des Bajans und des Akkordeons als akademisches Instrument ist sein Pädagoge Friedrich Lips, mit dem ich das Glück hatte, vor 40 Jahren als Student zusammenzukommen. Und vor 13 Jahren hatte ich die Ehre, mit Friedrich Lips an der Übersetzung seines Buches ‚Die Kunst der Bearbeitung klassischer Musik für Akkordeon‘ ins Deutsche zu arbeiten. Damals wurde ich im Internet auf einen jungen Interpreten aufmerksam, Olzhas Nurlanov aus Kasachstan. Mein erster Gedanke zu dieser Zeit war: ‚Ein zukünftiger Schüler von Friedrich Lips‘, und ich habe mich nicht geirrt. Ich verfolgte die kreative Entwicklung dieses jungen Künstlers und sah mir alle seine Videos im Internet an. Es waren immer hervorragende Auftritte. Und letzten Sonntag konnte ich zum ersten Mal den Auftritt des noch jungen, aber in seinen musikalischen Qualitäten und seinem Niveau sehr reifen Olzhas Nurlanov live erleben. Ich habe schon viele gute Musiker gehört, aber Olzhas hat einen unauslöschlichen Eindruck hinterlassen. Das ist ein ganz besonderer Musiker! Die Filigranität und Originalität seiner Darbietung sind auf einem so hohen Niveau, dass man in eine andere Welt eintaucht und lange Zeit nicht mehr zurückkommt! Und das ist schon ein großer Indikator für sein Können! Olzhas gehört zu einer neuen Generation von Interpreten, die einen großen Beitrag zur Etablierung des Bajans und des Akkordeons als gleichberechtigte akademische Instrumente leisten, auf Augenhöhe mit den oben genannten Instrumenten. Ich hoffe noch weitere seiner Konzerte zu hören und bin ganz sicher: ein jedes wird wieder ein Wunderwerk!“ Ebenso gespannt sind die Konzertbesucher auf kommende Auftritte von Olzhas Nurlanov. Der Künstler versprach, bald wiederzukommen.
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