Akkordeon und Elektronik

Zeitgenössisches Duo

4. Dezember 2025

Lesezeit: 2 Minute(n)

Beim Duokonzert mit Zoro Babel an der Elektronik interpretierte Akkordeonist Kai Wangler mit viel Feinsinn etablierte zeitgenössische Werke und eine ganz neue Komposition, die er erst in diesem Jahr uraufgeführt hat.
Text und Foto: Christina M. Bauer

Dunkel aufgefächerte Bassakkorde kontrastieren mit dezent eingespielten, hohen Diskanttönen. Immer wieder ergänzt um geräuschhafte Percussion wandert das Stück in luftige Höhen, die grazil durchmessen werden. Mit flirrenden Melodieschnipseln in hohem Tempo und dynamischen Kontrasten entfaltet die Musik auf einmal Aufruhr und Temperament. Schließlich wandert der Diskant ins Durchsichtige, Fragile, dem breite Klangflächen im Bass gegenübergestellt sind. Mit einer Bassharmonie klingt die Komposition aus. „NE MA-UM“ der südkoreanischen Komponistin Younghi Pagh-Paan bildet den Auftakt des Konzerts am 2. Dezember im Münchner Schwere Reiter. Es ist eine der zwei Kompositionen, die Akkordeonist Kai Wangler als Solist interpretiert. Für zwei andere Werke erweitert er die Besetzung zum Duo mit Zoro Babel an der Elektronik. So bei Charlotte Seithers „Inventaire de Départ“, bei dem initial hektische melodische Passagen auf wabernde elektronische Soundscapes treffen. Eilige Glissandi und Motivfetzen gehen über in lang gehaltene, schwebende Töne, die nach und nach in den elektronischen Flächen verschwinden. Wangler entfaltet nun mit dem Akkordeonbass angespannt schwingende Schichten, die den elektronischen so ähnlich sind, dass beides immer wieder fließend ineinander überzugehen scheint. Nach ausführlichen Durchschreitungen des Bassbereichs mit sehr dezenten Variationen endet das Stück in einer expandierenden Klangfläche.

„SFinAGONx WÄH“ von Nicolaus A. Huber interpretiert Wangler solistisch. Nach einem hektischen Anfang werden in Diskant und Bass die Mitten durchmessen. Kontraste entstehen vor allem durch die in einem weiten Spektrum abgestuften Dynamik. Helle motivische Schnipsel im Diskant und flirrende bis düstere Passagen im Bass erweitert der Musiker um ungewöhnliche Mittel der Klanggestaltung. Diese reichen vom Aufstampfen mit dem Fuß über das wechselnde „Atmen“ des Musikers und der durch den Akkordeonbalg bewegten Luft bis zu gesprochenen Parts und perkussiven Elementen, die vereinzelt für regelrechte Knalleffekte verwendet werden. Für einen besonderen Konzertausklang interpretiert Wangler mit Babel an der Elektronik eine Komposition, die er dieses Jahr im Sommer erst uraufgeführt hat. Dass Komponist Gregor Mayrhofer „Sleepless“ für diese Besetzung und damit erstmals überhaupt für Akkordeon komponiert hat, kam durch Wanglers Initiative zustande. Er verwendete dafür Mittel eines Musikstipendiums der Stadt München.

In dem Stück werden die initialen Luftgeräusche des Akkordeonbalgs ergänzt um sich einschleichende Töne und Akkorde im Diskant. In dynamischen Abstufungen intensivieren sie sich ins Sirrende, teils Schrille. In der Folge wechseln fragmentierte Motivschnipsel mit Geräuschhaftem wie Percussion an den Tasten und Fingerschnipsen. Durch das Aufzeichnen und Abspielen mit Liveloops entsteht daraus ein unruhiges Rhythmusgeflecht. Stimm- und Atemgeräusche sowie gesprochene Parts setzen Akzente. Die Musik wird zu einem traumwandlerischen, unruhigen Gefüge aus Harmonien und Klangflächen über einem angespannten Rhythmuspattern. Daraus entfaltet sich eine intensiv verdichtete elegante Passage ähnlich einer klassischen Komposition. Das darauffolgende dichte Gefüge aus geloopten Sounds und Rhythmen bringt das Stück schließlich zum Ausklang. Ein spannendes Duokonzert, bei dem Wangler und Babel einige der unzähligen möglichen Wege für das Zusammenspiel von akustischem Akkordeon und Elektronik ausloten.

Kai Wangler beim Duokonzert mit Zoro Babel am 2. Dezember im Schwere Reiter München

Foto: Christina M. Bauer

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